Geschichtliches von der Filderbahn


Lange Zeit lagen die Fildergemeinden verkehrstechnisch gesehen im Abseits. In dieser Zeit keinen Eisenbahnanschluss  zu haben, bedeutete wirtschaftliche Benachteiligung und somit Verarmung. Der Staat Württemberg trieb den Eisenbahnbau voran, konnte aber auch nicht alle Wünsche immer berücksichtigen. So  dauerte es bis dieser von der Landwirtschaft geprägte Teil (Filder = Felder) zum Zuge oder zum Zug kam. Diese Aufstellung stellt nur einen sehr groben und unvollständigen Überblick der wechselvollen aber umfangreichen Geschichte dar, und ist als Appetithappen gedacht sich mehr mit dem Thema auseinander zu setzen.
Zahnradbahn
Dampfstraßenbahn
Elektrifizierung
Neue Weinsteige
Dampf ade.
Vierachser
Filderbahner
Güterverkehr
 Flughafen
Strecken
Unfall
Sonderfahrt
 Abstellen
GT4 auf der FB
Zacke alt
Güter ade
Abschiedsdampf
Teststrecke
Zacke heute
FB heute
 

Zahnradbahn


1865 wurde eine Denkschrift des Komitees der Fildergemeinden zur Errichtung  einer Filderbahn verfasst. Aber erst im April 1884 erhielt der Unternehmer Emil Kessler die Genehmigung zum Bau der Zahnradbahn Stuttgart-Degerloch. Schon am 23. August 1884 konnte die Zahnradbahn in Betrieb gehen. Dazu wurden zwei Zahnradbahn-Dampfloks von der Maschinenfabrik  Esslingen angeschafft die die Namen Stuttgart und Degerloch trugen. 

Bild: Archiv SSB

 

Dampfstraßenbahn


Ab Dezember 1888 ging es dann mit einer Dampfstraßenbahn von Degerloch weiter nach Möhringen und von da aus bis nach Hohenheim. Gefahren wurde mit so genannten Kastenlokomotiven, bei denen das Gestänge aus Sicherheitsgründen verkleidet war. Mit 20km/h Spitzengeschwindigkeit zuckelte das Bähnle über die Filder. Das galt damals als schnell. Neben Personenwagen besaß die FB auch eine Reihe von Güterwagen und sogar Rollbockwagen zum Transport von Regelspurwagen.

Bild: Archiv SSB

 

Elektrifizierung


Nach dem sich die Elektrifizierung der Straßenbahnfahrzeuge aus wirtschaftlichen Gründen  allgemein durchgesetzt hatte, beschloss man bei der FB (die inzwischen an die "Württembergische Nebenbahn" gegangen war) die Elektrifizierung der FB. 

Bild: Archiv SSB

Neue Weinsteige


Ebenfalls 1904  ging die Neue Weinsteigelinie in Betrieb. Die Aufnahme entstand während dem 1. Weltkrieg an der Haltestelle Bopser und führte hoch bis nach Degerloch. Zu dieser Zeit gehörte die FB der "Württembergischen Nebenbahn", deshalb war Umsteigen am Bopser angesagt  wenn man z.B. vom Schoßplatz auf die Filder wollte.

Bild: SHB/Böhmler

 

Dampf ade


Nachdem die FB 1920 an die Stadt Stuttgart verkauft worden war und nun SFB (Städtische Filderbahn) hieß, folgte auch der Güterverkehr der Umstellung auf elektrische Fahrzeuge.1923 wurde der Dampfbetrieb bei der SFB eingestellt. Das Bild von 1922 wurde im Möhringer Bahnhof aufgenommen. Anlass war, dass der Dampfbetrieb "Möhringen-Unteraichen-Leinfelden" schon 1922 aufgegeben wurde. Hier oben postierte die Mannschaft noch mal vor ihrer Lok zum "Abschiedserinnerungsfoto".

Bild: Archiv SSB

 

Vierachser


1902 schaffte die FB erstmals  4 Triebwagen mit Maximum-Drehgestelle an, die die Wagen - Nr. 141-144 erhielten. 1924 vergrößerte die FB  ihren Fahrzeugbestand und übernahm von der Krefelder Straßenbahn 4 Triebwagen ebenfalls mit Maxiumdrehgestellen. Der Gemeinderat beschloss in diesem Jahr die FB Fahrzeuge nach SSB Lackiermuster umzugestalten. Das Bild zeigt einen reinrassigen Krefelderzug auf der Strecke zwischen Möhringen und Plieningen an der Balingerstraße. Heute sind an der gleichen Strecke die DT8 Stadtbahnzüge von und nach Plieningen-Garbe unterwegs.

Bild: Archiv SSB

 

Filderbahner


Obwohl die FB mehrfach den Besitzer wechselte und schließlich in der SSB  aufging, fühlte sich das Personal  immer als Filderbahner im Gegensatz zu Straßenbahner und Eisenbahner. Auf der FB wurde nach EBO (Eisenbahn- und Betriebsordnung) vereinfachte Ausführung gefahren. Straßenbahner, die von der Stadt mit ihren Fahrzeugen kamen und weiter nach Möhringen wollten, brauchten diese Zusatzberechtigung.

Bild: Archiv SSB

 

Güterverkehr


Der Güterverkehr spielte von Anfang an auf der FB eine wichtige Rolle. Kleinen Handwerkern und den Bauern stand vor 100 Jahren keine eigenen Kraftfahrzeuge zur Verfügung, um Waren und Material an- und abzuliefern. Der Vaihinger Bahnhof bot Anschluss an die Staats- und spätere Reichsbahn und somit Anschluss an die große weite Welt. Von der oben abgebildeten E-Lokomotive schaffte die FB 1924 zwei als Ersatz für die Dampflokomotiven an, und betrieb damit den Güterverkehr zwischen Vaihingen, Möhringen, Plieningen, Hohenheim und der Strecke nach Degerloch-West. 

Bild: Archiv SSB

 

Flughafen+Autobahn


Auch bei dem Autobahnbau von 1934-1936 war die FB beteiligt. Es wurde eine Stichstrecke entlang  der Baustelle errichtet um diese mit Baumaterial zu versorgen. Zwischen 1937-1939 wurde der Stuttgarter Flughafen errichtet, zu diesem Zweck wurde die FB Trasse zwischen Echterdingen und Bernhausen verlegt.    Auch bei dieser Großbaustelle war die FB für die Materialversorgung wichtig. Der Flughafen behielt auch  nach dessen Fertigstellung einen Gleisanschluss, der von der FB bedient wurde. Zu diesem Abschnitt sind wohl wenige Fotos vorhanden. Der Flughafen wurde während des zweiten Weltkriegs militärisch genutzt und nach dieser Zeit entstand ein militärischer Teil der US air force.  Material und Angaben zu diesem Thema werden von uns gesucht. Wir sind dabei für jeden Hinweis und jedes Foto dankbar.

Plan: Archiv SHB

 

Strecken


Steckenverlauf und Spurweite der Gleise wurden im Laufe ihrer Geschichte immer wieder umgebaut, verändert oder erweitert. Begonnen hat alles mit der Meterspur, die auch oft als Schmalspur bezeichnet wird   (was nicht falsch aber ungenau ist, da es wiederum verschiedene Maße bei der Schmalspur gibt). Um die "normalen" Wagen von der großen Eisenbahn (zuerst Länderbahn, dann Reichsbahn, später Deutsche Bundesbahn und heute Deutsche Bahn) auch auf der FB fahren zu lassen, wurde eine dritte Schiene verlegt. Das nannte man ein Dreischienengleis und konnte von den Triebwagen der Meterspur und den Regelspurfahrzeugen (große Eisenbahn) befahren werden. Das Bild oben zeigt den zweigleisigen Ausbau der Strecke in den 30er Jahren zwischen Möhringen und Sonnenberg . 

 Bild: Archiv SSB

 

Unfall


Wie es zu diesem Unfall kam wissen wir nicht, vermutlich stieß der MAN-LKW,  der von der Rembrandt Straße links in die Tailfinger Straße abbiegen wollte, mit der entgegenkommenden Straßenbahn  zusammen. Im Zuge der Neugestaltung des Möhringer Bahnhofs ist geplant, die neue Probstraße über diese Gleise zu führen und diesen kritischen Punkt zu beseitigen.

Bild: Archiv SSB

 

Sonderfahrten


Als sich in den 60er Jahren abzeichnete, dass die gute alte Eisenbahn verschwindet, bildeten sich Gruppen von Eisenbahn- und Nahverkehrsfreunden die Sonderfahrten organisierten. Auch die FB wurde von diesen "Verrückten" heimgesucht. Die Verkehrsfreunde Stuttgart unternahmen am 8. Mai 1965 eine solche Sonder- fahrt von dem Stuttgarter Hbf über Stgt.-West nach Stgt.-Vaihingen mit 86 367. Von da aus übernahm  der "Filderbahnesel" den Zug und brachte ihn nach Degerloch-West, wo diese Aufnahme entstand.

Bild: Helmut Müller

 

Aufstellen zum Abstellen


"Aufstellen zum Abstellen" nannte der Fotograph dieses Bild, was im April 1964 entstand. Bei dieser Aktion wurden sämtliche  FB- Fahrzeuge zusammengezogen und zwischen Möhringer Bahnhof und Rembrandtstr. abgestellt. Hintergrund war die Verbreiterung der B27 in Richtung Tübingen. Dazu musste aber eine neue Brücke für die FB errichtet werden. Diese wurde aber nicht mehr für die schweren Güterzüge ausgelegt, da man sich von dem "unrentablen Güterverkehr" trennen wollte. Der Plieninger Bahnhof verschwand bei dieser Umbauaktion, es wurde eine Wendeschleife an der Plieninger Garbe errichtet. Hohenheim war somit von der  FB ganz abgehängt. Der Güterverkehr nach Möhringen und Degerloch-West wurde beibehalten, für die alten klassischen FB Meterspurfahrzeuge fand man keine Verwendung mehr. Bis auf den Triebwagen WN26 mit dem Beiwagen WN32, die heute im Straßenbahnmuseum in Zuffenhausen stehen, fielen alle anderen Fahrzeuge dem Schneidbrennen zum Opfer.

Bild: W. Böhmler

 

Der GT4 auf der FB


Am 19.Mai 1964 verschwand die alte FB-Linie 32 und wurde durch die durchgehende Linie 6 von Gerlingen-Möhringen-Echterdingen ersetzt. Nun konnte man von der Innenstadt, ohne umzusteigen in modernen GT4 Fahrzeugen auf die Fildern bis nach Echterdingen fahren. Diese Aufnahme  muss nach 1967 aufgenommen worden sein, da Ende Oktober Degerloch-West auch von dem Güterverkehr abgehängt wurde. Die Brennstoffhändler aus Degerloch verlagerten ihre Betriebe nach Möhringen. Im Hintergrund ist einer der beiden Hochtanks für Heizöl zu erkennen.


Bild: Archiv SSB

 

Die alte Zacke 


Dieses Bild entstand Anfang der 80er Jahre an der Ausweichstelle Wielandshöhe: Die Fahrzeuge  waren schon in die Jahre gekommen, wie man deutlich erkennen kann. Die SSB ließ (nachdem feststand, dass eine Zahnradbahn weiter in Stuttgart fahren soll), 3 neue Fahrzeuge entwickeln, die 1982 auf Strecke gingen. Eine alte Wagengarnitur aus Triebwagen und Steuerwagen (Bild 116+118) ist im Straßenbahnmuseum in Zuffenhausen zu besichtigen.

Bild: G.Hildenbrandt

 

Güter ade


Am 28. Mai 1983 rollte ohne großes Aufsehen der letzte Güterzug von Neuhausen nach Echterdingen. Das Kapitel Güterverkehr war nun endgültig vom Tisch. Zuvor wurde lange und heftig zwischen den Fildergemeinden und der Stadt Stuttgart/ SSB über die Aufgabe des Güterverkehrs gestritten. Die Fildergemeinden, Freie Wähler, Grüne, SPD forderten den Fortbestand des Güterverkehrs, konnten sich aber gegen die Stadt und den Betreiber nicht durchsetzen.

Bild: Archiv SSB


Abschiedsdampf


Am 28. und  29. August 1983 veranstaltete die GES ein großes Dampfspektakel zwischen Bf. Möhringen und Bf. Neuhausen. Dabei bot die GES alles auf, was sie zu bieten hatte. Es war das letzte mal, dass auf der FB der Krautexpress dampfte, denn anschließend wurden die Gleisanlagen des Möhringer Bahnhof für den Stadtbahnwagenverkehr umgebaut.

Bild: W. Böhmler

 

Teststrecke


Ab Februar 1983 diente die alte FB Strecke zwischen Möhringer Bahnhof und Plieningen Garbe als Teststrecke, wo die 3 neuen Prototypen der Stadtbahnwagen  erstmals im Personenverkehr  eingesetzt wurden. Da das SSB Zentrum mit seiner Hauptwerkstatt ganz in der Nähe lag, bot sich dieser Streckenabschnitt an, um im Problemfall schnell eingreifen zu können. Auch wurde die Linie 3 (Vaihingen-Plieningen) als erste Linie im SSB Netz  am 28.September 1985 mit den neuen Serienfahrzeugen als Stadtbahnlinie betrieben.

Bild: Archiv SSB

 

Zacke heute


Die 1982 angeschafften Zahnradbahn-Fahrzeuge (Z T4)  begann die SSB in Jahr 2000 rundum zu erneuern. Sie befinden sich somit auf dem neusten technischen Stand und dürften somit noch einige Jahre in dieser Form einsetzbar sein. Farblich wurden sie der Stadtbahnserie DT8.10 angepasst. (Blaue Lackierung im Fensterbereich statt  grau) 


Bild: T.Mörbe

 

FB heute


Die FB heute gibt es rein rechtlich nicht mehr, sie ging schon 1932 in der SSB auf. Aber es gibt noch Strecken, die heute von modernen Fahrzeuge befahren werden. Es sind auch neue Strecken dazugekommen wie die U8 nach Ostfildern. Außerdem kam die S-Bahn auf die Filder, und benutzt heute Teile der alten Trasse. Pläne für weitere Linien liegen bereits in den Schubladen und warten auf ihre Verwirklichung, was sich aber in Zeiten der leeren Kassen sich als schwierig herausstellen dürfte. Es gibt sogar überlegungen Zweisystemfahrzeuge nach Karlsruher Vorbild von Heimerdingen (Strohgäubahn) bis nach Neuhausen fahren zu lassen.  Bei diesen überlegungen wurde der stillgelegte Ast von Bernhausen über Sielmingen nach Neuhausen wieder reaktiviert.


Bild: T.Mörbe